Ich, Morgana, stehe am Rand der Klippen und schaue über das Meer. Das Rauschen ist mir so vertraut, es tröstet mich. Der Wind spielt mit meinem Haar. Ich bin alt geworden, aber noch nicht gebrechlich. Ich denke an Dich, mein Geliebter. Du bist gegangen vor langer Zeit, aber mir bist Du gegenwärtig. Im Rauschen des Meeres höre ich Deine Stimme. Im sanften Windhauch spüre ich Deine Hände. Uns war nur eine kurze Zeit vergönnt, nur wenige Jahre des Glücks. Du wurdest mir genommen, starbst durch die Hand eines Mörders. Ich konnte Dich nicht schützen, musste hilflos zusehen.
Ich habe meine Göttin, meinen Vater und das Andenken meiner Mutter für Dich verraten. Meine Strafe ist schrecklich, aber ich trage sie im Bewusstsein meiner Schuld. Viele Seelen waren mir einst anvertraut. Denn ich war die Hüterin von Avalon. Ich habe sie alle verraten, den hilfesuchenden Händen den Rücken zugedreht. Selbstsüchtig und hochmütig bin ich gewesen, habe für irdische Liebe alles auf´s Spiel gesetzt und alles verloren. Avalon ist nur noch eine Sage, verschwunden in den Nebeln der Zeit. Ich muss weiterleben. Durch die Jahrhunderte bin ich gegangen, vele Kriege musste ich erleben, viele Freunde zu Grabe tragen.
Die Große Mutter hat ihr Angesicht von der Erde abgekehrt. Chaos und Wirren sind die Folge, neue Religionen wurden geschaffen. Doch die meisten Menschen glauben nur noch an den Gott des Geldes. Kriege werden geführt, im Namen dieses Gottes und Macht und Rücksichtslosigkeit beherrschen die Welt. Die Menschen sind in ihren Köpfen weit in die Zukunft gelangt. Große Erfindungen haben sie zu Göttern werden lassen, doch ihre Herzen sind zurückgekehrt in die Steinzeit, eine Zeit, in der nur die Stärksten überleben konnten. Hilflos muss ich das alles mit ansehen, wissend, dass es eine Zeit gab, in der alles anders war.
Die Kunst des Heilens ist mir geblieben, wenn mir auch sonst meine Magie genommen wurde. So wandere ich über die Erde, spende Trost und Hoffnung den Schwachen und Kranken. Und dort auf den Straßen, in den Krankenhäusern und Sterbehospitälern treffe ich manchmal Menschen, die noch vom Geist der Großen Mutter durchtränkt sind. Mildtätige und warme Menschen, die sich für andere aufopfern und ihr eigenes Ich in den Hintergrund stellen. Wenn ich diese Menschen sehe, schöpfe ich wieder Hoffnung, dass die Welt noch nicht ganz verloren ist. Jedes echte Lachen, jede echte Träne und jedes ernstgemeinte warme Wort geben mir die Kraft, mein Schicksal zu ertragen und meine Schuld zu begleichen.
Es wird Abend, die Sonne versinkt am Horizont. Ich schaue ihr zu, bis der nun glutrote Ball im Meer versunken ist. Es wird Zeit, ich muss gehen, die lebenden Menschen warten auf meine Hilfe. Doch in jedem Augenpaar, in das ich blicke, spiegeln sich deine Augen wieder, mein Geliebter. Irgendwann, wenn meine Schuld bezahlt ist, werde ich Dich wiedersehen.
(In Anlehnung an den Roman „Die Nebel von Avalon“ von Marion Zimmer Bradley)
S. Steinebach 2007
Ich habe meine Göttin, meinen Vater und das Andenken meiner Mutter für Dich verraten. Meine Strafe ist schrecklich, aber ich trage sie im Bewusstsein meiner Schuld. Viele Seelen waren mir einst anvertraut. Denn ich war die Hüterin von Avalon. Ich habe sie alle verraten, den hilfesuchenden Händen den Rücken zugedreht. Selbstsüchtig und hochmütig bin ich gewesen, habe für irdische Liebe alles auf´s Spiel gesetzt und alles verloren. Avalon ist nur noch eine Sage, verschwunden in den Nebeln der Zeit. Ich muss weiterleben. Durch die Jahrhunderte bin ich gegangen, vele Kriege musste ich erleben, viele Freunde zu Grabe tragen.
Die Große Mutter hat ihr Angesicht von der Erde abgekehrt. Chaos und Wirren sind die Folge, neue Religionen wurden geschaffen. Doch die meisten Menschen glauben nur noch an den Gott des Geldes. Kriege werden geführt, im Namen dieses Gottes und Macht und Rücksichtslosigkeit beherrschen die Welt. Die Menschen sind in ihren Köpfen weit in die Zukunft gelangt. Große Erfindungen haben sie zu Göttern werden lassen, doch ihre Herzen sind zurückgekehrt in die Steinzeit, eine Zeit, in der nur die Stärksten überleben konnten. Hilflos muss ich das alles mit ansehen, wissend, dass es eine Zeit gab, in der alles anders war.
Die Kunst des Heilens ist mir geblieben, wenn mir auch sonst meine Magie genommen wurde. So wandere ich über die Erde, spende Trost und Hoffnung den Schwachen und Kranken. Und dort auf den Straßen, in den Krankenhäusern und Sterbehospitälern treffe ich manchmal Menschen, die noch vom Geist der Großen Mutter durchtränkt sind. Mildtätige und warme Menschen, die sich für andere aufopfern und ihr eigenes Ich in den Hintergrund stellen. Wenn ich diese Menschen sehe, schöpfe ich wieder Hoffnung, dass die Welt noch nicht ganz verloren ist. Jedes echte Lachen, jede echte Träne und jedes ernstgemeinte warme Wort geben mir die Kraft, mein Schicksal zu ertragen und meine Schuld zu begleichen.
Es wird Abend, die Sonne versinkt am Horizont. Ich schaue ihr zu, bis der nun glutrote Ball im Meer versunken ist. Es wird Zeit, ich muss gehen, die lebenden Menschen warten auf meine Hilfe. Doch in jedem Augenpaar, in das ich blicke, spiegeln sich deine Augen wieder, mein Geliebter. Irgendwann, wenn meine Schuld bezahlt ist, werde ich Dich wiedersehen.
(In Anlehnung an den Roman „Die Nebel von Avalon“ von Marion Zimmer Bradley)
S. Steinebach 2007