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Michael Ondaatje - The Cat´s Table
Buchinformation
Ondaatje, Michael - The Cat´s Table bestellen
Ondaatje, Michael:
The Cat´s Table

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(Bücher frei Haus)

Michael Ondaatje, den bitte niemand mehr auf die Autorenschaft des Englischen Patienten reduziert, hat eine neue Erzählung herausgebracht. Mit The Cat´s Table hat sich Ondaatje auf eine Episode seines eigenes Lebens konzentriert, die prägend sein sollte. Handlungsrahmen ist eine 23-tägige Schiffspassage von Columbo nach London, die der Autor selbst im Alter von 12 Jahren erlebte, als er auf dem Weg vom damaligen Ceylon zu seiner Mutter nach England war. Ondaatje, kurz vor seinem siebzigsten Geburtstag, versucht sich an diesen autobiographisch historischen Moment zu erinnern und beginnt eine Textur zu weben, die nicht einfach zusammen zu bringen ist.

Mit der Metapher des Katzentisches, an dem die Kinder in der Zweiten Klasse saßen, verweist Ondaatje gleich auf die Startbedingungen, die er als blutjunger Emigrant aus der englischen Kolonie auf dem Weg zum Zentrum des Imperiums, London, hatte. Zeuge des Geschehens, am Rande, nicht ganz ernst genommen. Was, wie im richtigen Leben, bei der Wahrnehmung des Katzentisches durch die etablierte Gesellschaft fehlt, aber in Ondaatjes Erzählung eine Kontur bekommt, sind die Impulse, die von dort ausgehen.

Ondaatje beschreibt in loser Assoziation die verschiedenen Streiche der Heranwachsenden an Bord, ihre Abstecher an Land und die dortigen Impressionen wie die Charaktere und Typen an Bord. Natürlich ist es ein pittoreskes Ensemble, angefangen von einem mysteriösen Häftling, der nachts in Ketten seinen Rundgang an Deck macht, über den Millionär, der wegen einer Krankheit in die koloniale Zivilisation gebracht werden soll, den Musiker Mazappa, der alle Passagiere durchschaut, das Leben gesehen hat und sich an der Formalität und dem Luxus von Sidney Betchets Klarinetten-Soli ergötzt oder dem ceylonesischen Englischlehrer, der sein letztes Geld zusammengekratzt hat, um in das Land zu kommen, das ihm als Wiege hoher Poesie gilt.

Ondaatje fertigt nie mehr als kleine Skizzen, die er lose miteinander verbindet, die jedoch in keinerlei Chronologie zu fassen sind. Dadurch gelingt es ihm, schon durch das Formale die Ambiguität der hier auf dem Schiff mit dem Namen Oronsay Versammelten zu beschreiben. Sie kommen aus der geographischen wie sozialen Heterogenität der ceylonesischen Welt und sind auf dem Weg in eine noch komplexere, in der sich gerade in den fünfziger Jahren des XX. Jahrhunderts Migranten aus dem ehemaligen Weltreich anzusiedeln begannen und sowohl etablierten als auch untergingen. Ondaatje selbst, niederländisch-tamilisch-singhalesischer Herkunft, sollte nur bis 1962 in London bleiben und dann eine neue Heimat im nicht kolonialen, konkordanten Kanada suchen und finden, wo er bis heute lebt.

Die kurz gefassten, teils pointierten, teils fraglichen Geschichten, die aus der Perspektive des Katzentisches erzählt werden, hinterlassen einen tiefen Eindruck, weil sie nichts beschönigen und glorifizieren und weil sie daher dem Leben so nah sind. Da plätschern Schlüsselerlebnisse genauso am Bewusstsein vorbei wie das Graue und Profane und neben dem Interesse an dem Erlebnis eines Heranwachsenden kommt da plötzlich Wesentliches über die Tücken inter-kultureller Migration und und das Exil. Das Buch birgt Gefahren, denn aufgrund der geübten Erzählweise des Autors kann man der Versuchung erliegen, es episodisch unterhaltsam zu konsumieren und nur hohe Aufmerksamkeit kann davor bewahren, diesen Fehler zu machen. Viele Botschaften sind durch die Leichtigkeit des Narrativen verschlüsselt.

[*] Diese Rezension schrieb: Gerhard Mersmann (2012-04-14)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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