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Rezensionen


 
Elisabeth Raabe - Der Literatur Kalender 2022. Momente der Erinnerung
Buchinformation

“Momente der Erinnerung" ist das Thema des Literatur Kalenders 2022, der schon seit Jahrzehnten erscheint und sich jedes Jahr ein neues Motto sucht, zu dem sich Autor:innen der Weltliteratur äußern. Der Literatur Kalender 2022 widmet sich mit seinen Bildern und authentischen Zitaten aus Autobiografien, Briefen und Erinnerungen oder autofiktionalen Texten seinem Thema.

Literatur der Erinnerungen

Truman Capote und Marguerite Dumas, Ruth Klüger und Adam Zagajewski u. v. a. kommen 2022 zu Wort und lassen uns teilhaben an ihren Erinnerungen. "Erinnere Dich daran, wie Du in Schlaf gesungen wurdest", heißt es etwa im Januar 2022 und John Berger, der Kunstkritiker und Autor, wünscht uns allen Glück, dass wir für diese Erinnerung nicht allzu tief graben müssen. Denn oft macht das heute wer anderer als in der Kindheit: ein Lied, das Rauschen des Waldes oder das Plätschern eines Brunnens vor dem Schlafzimmerfenster. Wie jedes Jahr werden die Texte von ungewöhnlichen Fotos, fundierten Text- und Bildinformationen, Kurzbiografien und einem stets aktualisierten Kalendarium begleitet. Die Erinnerungen lassen uns innehalten und verweilen, denn jedem von uns wurden in seinem Leben ähnliche zuteil: eine Reise, eine vergangene Liebe, ein Sonnenuntergang am Meer, das Haus der Kindheit, eine Melodie, ein Buch. Die Erinnerung eines Fremden kann uns einen Moment lang an einen anderen Ort tragen. Doch oft kommen wir an die eigenen Orte zurück, die uns unser ganzes Leben begleiten. Manchmal glücklich. Manchmal traurig. Zusätzliche Informationen auf dem Kalenderblatt für das Wochenende und die Woche sind etwa Todestage berühmter Autor:innen oder auch weiterführende Literaturtipps.

Erinnerungen der Literatur

Erinnerungen sind das, was wir sind. Wir bestehen aus Erinnerungen. Oder wie es Nicholas Edward Cave pointierter ausdrückt: “Memory is imagined; it is not real. Don't be ashamed of its need to create; it is the loveliest part of your heart. Myth is the true history...". Wir alle umgeben uns mit unseren eigenen Mythen und die bestehen aus zurechtgebogenen Erinnerungen, am liebsten natürlich nur die guten, die zusätzlich idealisiert werden. "Abstecher nach Mailand, Ausflug nach Rom. Kommt die Lust, sich zu bewegen, zu reisen, wieder? Von Mailand zurückkommen, nach 24stündiger Abwesenheit, Turin wiederentdeckt. Ob darin das Schöne liegt: daß man den eigenen Ort wiederentdeckt", trägt sich Cesare Pavese im Septemberblatt und man sieht ihn beim Zigarette rauchen, eine Bein angewinkelt, den Blick auf den Boden vor ihm gerichtet. Seine Fragen könnte man sich nach rund zwei Jahren Pandemie auch stellen. Er stellte sie im Dezember 1949, als Europa immer noch vom Krieg verwüstet war, aber der Aufbau große Fortschritte machte. Ein anderes Kalenderblatt zeigt den österreichischen Sozialphilosophen André Gore und seine Frau Doreen Kein, der er glühende Liebesbriefe schrieb. Sie hatten sich 1947 in Lausanne kennengelernt und blieben 60 Jahre zusammen. Seine Erinnerung an ihre erste Begegnung ist voller Enthusiasmus und Liebe, er spricht von einem Coup de foudre, "Liebe auf den ersten Blick" und man glaubt ihm, dass seine Erinnerung immer noch lebendig ist und nicht vorgestellt, sondern genauso passiert ist.

Der Literatur Kalender 2022
Momente der Erinnerung
Texte und Bilder aus der Weltliteratur
Hg. von Elisabeth Raabe
Gestaltet von Max Bartholl
60 Blätter / 53 Fotos / farbig
32,5 × 24 cm
€ 22,¬- / sFr. 33.50
ISBN 978-3-0360-2022-8
Edition Momente

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2021-11-09)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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