Die reinen Furcht Gottes zuvor, lieben Brueder. Wie
lange schlaft ihr, wie lang seid ihr Gott seins Willens nit
geständig, darum, daß er euch nach eurem Ansehen verlassen
hat? Ach, wieviel hab ich euch das gesagt, wie es muß sein.
Gott kann sich anderst nit offenbaren, ihr mußt gelassen stehen.
Tuet ihr's nicht, so ist das Opfer, euer herzbetruebtes
Herzeleid umsonst. Ihr müßt darnach von neuem auf wieder
in Leiden kommen. Das sag ich euch, wollt ihr nit um Gottes
Willen leiden, so müßt ihr des Teufels Marterer sein.
Darum huet euch, seid nit also verzagt, nachlässig, schmeichelt
nit langer den verkehrten Fantasten, den gottlosen Bösewichtern,
fanget an und streitet den Streit des Herren! Es
ist hoch Zeit, haltet eure Brüder alle darzu, daß sie gottlichs
Gezeugnis nicht verspotten, sunst müssen sie alle verderben.
Das ganze deutsche, französisch und welsch Land ist bewegt.
Der Meister will Spiel machen, die Böswichter müssen dran.
Zu Fulda sind in der Osterwoche vier Stiftkirchen verwuestet.
Die Bauern im Kleegau und Hegau, Schwarzwald
sind auf, dreimal tausend stark, und wird der Hauf je länger
je größer. Allein ist das mein Sorg, daß die narrischen
Menschen sich verwilligen in einen falschen Vertrag, darum,
daß sie den Schaden nach nit erkennen.
Wann euer nur drei ist, die, in Gott gelassen, allein seinen
Namen und Ehre suchen, werdet ihr hunderttausend nit
fürchten. Nun dran, dran, dran! Es ist Zeit! Die Böswichter
sind frei verzagt wie die Hund. Regt die Brüder an, daß
sie zur Fried kommen und ihr Bewegung Gezeugnis holen.
Es ist über die Maß hoch hoch vonnöten. Dran, dran, dran!
Last euch nicht erbarmen, ab euch der Esau gute Wort furslägt
(1. Mos. 33). Sehet nit an den Jammer der Gottlosen !
Sie werden euch also freundlich bitten, greinen, flehen wie
die Kinder. Lasset euch nit erbarmen, wie Gott durch Mosen
befohlen hat (5. Mos. 7), und uns hat er auch offenbart dasselb.
Reget an in Dörfern und Städten und sonderlich die
Berggesellen mit ander guter Gesellschaft, welche gut darzu wird
sein. Wir müssen nit länger schlafen.
Sieh, da ich die Wort schreib, kame mir Botschaft von
Salza, wie das Volk den Amtmann Herzog Georgen vom
Schloß belange will um des Willen, daß er drei hab heimlich
wollen umbringen. Die Bauern vom Eisfelde sind ihr Junkern
feind worden, kurz, sie wollen ihr kein Gnade haben.
Es ist des Wesens viel euch zum Ebenbilde. Ihr müßt dran,
dran, es ist Zeit. Balthasar und Barthel Krump, Valtein und
Bischof, gehet vorne an den Tanz !
Lasset diesen Brief den Berggesellen werden. Mein Drucker
wird kommen in kurzen Tagen, ich habe die Botschaft
kriegen. Ich kann es itzund nit anders machen, sonst wollt
ich den Bruedern Unterricht gnug geben, daß ihnen das
Herz viel größer sollt werden denn alle Schlösser und Rüstung
der gottlosen Böswichter auf Erden.
Dran, dran, dieweil das Feuer heiß ist. Lasset euer
Schwert nit kalt werden, lasset nit verlähmen! Schmiedet
pinke-panke auf den Anbossen Nimrods, werfet ihnen den
Turm zu Boden ! Es ist nit möglich, weil sie leben, daß ihr
der menschlichen Furcht solltet leer werden. Man kann euch
von Gotte nit sagen, dieweil sie über euch regieren. Dran,
dran, weil ihr Tag habt. Gott gehet euch vor, folget, folget!
Die Geschichte stehen beschrieben Matth. 24, Hes. 34,
Danielis 74, Esra 16, Offenbarung Joh. 6, welche Schrift alle
Röm. 13 erkläret. Drum last euch nit abschrecken. Gott ist
mit euch, wie geschrieben 2. Chron. 20, 15-18. Dies sagt
Gott: »Ihr sollt euch nit fürchten. Ihr sollt diese große
Menge nit scheuen, es ist nit euer, sondern des Herrn Streit.
Ihr seid nit, die da streiten, stellet euch vor männlich. Ihr
werdet sehen die Hilfe des Herren über euch.« Da Josaphat
diese Worte hörte, da fiel er nieder. Also tuet auch und
durch Gott, der euch stärke ohne Furcht der Menschen im
rechten Glauben. Amen.
Datum zu Mühlhausen im Jahre 1525
Thomas Müntzer, ein Knecht Gottes wider die Gottlosen