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Literaturforum: Operngänger unter uns?


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Forum > Aesthetik > Operngänger unter uns?
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 Autor
 Thema: Operngänger unter uns?
Caulfield
Mitglied

2 Forenbeiträge
seit dem 07.05.2012

     
Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 07.05.2012 um 22:52 Uhr

Hallo hallo,

Mich würde echt mal interessieren, ob viele von euch gern in die Oper gehen (wie das Thema schon sagt, ähem).
Ich interessiere mich erst seit Kurzem für Opern, sehe mir dafür aber recht häufig welche an. Leider nicht immer live, aber DVDs sind auch ganz okay (vor allem wenn man ein bisschen knapp bei Kasse ist).
"Carmen" hat mich bisher am meisten beeindruckt. Ich glaube, es war weniger der Inhalt oder die Idee an sich, sondern vielmehr die Musik (die ein großes Ohrwurmpotenzial besitzt). Ist das oberflächlich? Geht es bei Opern nicht um viel mehr? Wann ist eine Oper eurer Meinung nach "gut"?
Und welche Oper hat euch beeindruckt?

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Matze
Mitglied

719 Forenbeiträge
seit dem 09.04.2006

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1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 13.05.2012 um 09:26 Uhr

Wenn es zu Beginn des 21. Jahrhundert auf deutschsprachigen Bühnen wirklich spannend wird, dann ausgerechnet in der Oper. Daß die Oper seit je auf den Effekt der Überraschung gesetzt hat, ist eine Binsenweisheit. Giuseppe Verdi liebte solche „colpi“ über alles, man denke nur an den Schluß von »Rigoletto«. Während in der Gesellschaft die Tendenz vorherrscht, die dort angerichteten Leiden zu verleugnen, ist die Oper ein Ort exaltierter Schmerzartikulation. Dort wird im Dienste unserer Seelenruhe gelitten. Um die Opern wird gekämpft, daß es vielen ein Graus ist. Das rührt noch immer von dem Stolz des Bürgertums her, dem Adel dieses Spielzeug entrißen und zu einer ersatzreligiösen Gefühlsmaschine weiterentwickelt zu haben. Um das Musiktheater, das behaupten die Regisseure Sebastian Baumgarten und Christoph Schlingensief, ist es, was gesellschaftliche Fakten und ihre Deutbarkeit angeht, nicht gut bestellt. Die Oper, so der ungeheuerliche Vorwurf, hinke dem gesellschaftlichen Diskurs hinterher. Daß die Oper jedoch viel zu wenig Gebrauch von ihrer wirklichen Kraft macht, steht außer Zweifel. Es gibt leider sehr wenige Häuser, die den Raum für einen Diskurs geben, den meisten ist die heile Welt mit schönen Stimmen, die durch Lichtbögen wandern, lieber. Was insofern wirklich schlimm ist, weil die Menschen, die die Musik komponiert haben, viel wußten über die gesellschaftlichen Bedingungen. Was die Oper meist zeigt, bildet dazu einen heftigen Widerspruch. Es ist angesichts der Drastik der Schicksale, die in der Oper verhandelt werden, ein eklatanter Widerspruch, daß die Oper diese Intaktheit häufig gegen das Werk herstellt, welches von einer solchen Intaktheit nichts wissen will. Das hat damit zu tun, daß durch die Musik eine ständige Verdichtung und Verwandlung hergestellt ist, die dazu tendiert, zu einem Kulminationspunkt zu werden. Das wiederum hat zu tun mit der gedrängten Zeit, die der Oper zur Verfügung steht. Die Zeit der Oper ist ja festgesetzt durch die Absicht des Komponisten. Opernfragen sind Machtfragen. Sie zu stellen heißt, einen mächtigen historischen Resonanzboden in Schwingung zu versetzen. "Don Giovanni" ist die "Oper aller Opern" (E.T.A. Hoffmann). Und das wird sie auch bleiben. Unlängst wurde allerdings die als unspielbar geltende Oper "Die Soldaten" von Bernd Alois Zimmermann in der Bochumer Jahrhunderthalle grandios umgesetzt. In der Regie von David Pountney bietet innerhalb der Ruhrtriennale in das riesige Fabrikschiff der Bochumer Jahrhunderthalle eine Bühne ganz eigener Art. Das Bochumer Symphonikern unter Steven Sloane die gesamte Länge und Breite so weit ausgeschöpft, daß das Publikum im Wortsinne mitten ins Geschehen hineingezogen wird, während sich ständig die Perspektiven verändern – etwa wenn die um einen rund 100 Meter langen Laufsteg gruppierten Sitztribünen in Bewegung gesetzt werden. Die Raum– und Zeitkoordinaten sind sie kongenial ihrer vertrauten Gültigkeit beraubt. In der Bochumer Jahrhunderthalle ist Zimmermanns Oper auf verblüffende Weise zu sich selbst gekommen. Die Jahrhunderthalle in ihrer brutalen Monumentalität, mit dem einsamen, eiskalt beleuchteten Kathedralenfenster ist der einzig mögliche Ort für diese Inszenierung. Dieser Abend beweißt eindrucksvoll, daß diese 400 Jahre alte Kunstgattung allen anderen haushoch überlegen ist. Musik und Mythologie hätten die Zeit nur nötig, um sie zu verleugnen, schreibt Claude Lévi–Strauss im ersten Band seiner „Mythologica“: „Tatsächlich ist die eine wie die andere ein Apparat zur Beseitigung der Zeit, so daß wir, wenn wir Musik hören und während wir sie hören, eine Art Unsterblichkeit erlangen.“

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