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Literaturforum: Uniformität durch administrierte Diversität


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 Thema: Uniformität durch administrierte Diversität
Kenon
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 04.02.2021 um 09:07 Uhr

“Diversität” ist eines jener Modewörter, das, wenn seine Erscheinungshäufigkeit einen Aktienkurs abbilden würde, unbedingt in das eigene Portfolio gehört hätte:
In den letzten 10 Jahren hätte sich der “Wert” der Diversität verfünffacht. Vielleicht ist der Anstieg aber auch nur quantitativ zu sehen – dann müssten wir eher von einer Inflation sprechen.
Diversität bedeutet Verschiedenartigkeit, Mannigfaltigkeit, Unterschiedlichkeit. Das Leben in seinen Erscheinungsformen ist divers; nicht alle Menschen sind gleich, sie sind divers – genau wie Tiere und Pflanzen.
Diversität kann man schwer fördern, weil sie immer schon da ist, man kann sie allerdings unterdrücken und – was vielleicht etwas überraschend ist – offensichtlich auch managen, so erklärt es eine Seite des österreichischen Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung:
“Diversitätsmanagement soll grundsätzlich einen diskriminierungsfreien und nutzenbringenden Umgang mit menschlicher Verschiedenheit in Organisationen anleiten“. Diskriminierungsfrei hört sich gut an – “nutzenbringender Umgang” hingegen doch bedenklich utilitaristisch. So sah es auch die EU-Kommission im Jahre 2012:
“Effective Diversity Management is proven to produce significant benefits in terms of recruitment and staff retention, creativity, problem-solving and customer engagement”. Diversität hat demnach einen interessanten wirtschaftlichen Nutzen. Das Wohl des Individuums ist dann schon eher ein Nebeneffekt, mit dem sich bereits schlechter werben lässt. Schauen wir uns zufällige Beispiele an, bei denen es um Diversität geht. Vielleicht habe ich sie unvorteilhaft gewählt, das wäre dann meiner eigenen Beschränktheit geschuldet.

Schöne bunte Trikots – Vielfalt durch Gleichheit

Am 19. Spieltag der Bundesligasaison 2020/21 lief der VfB Stuttgart mit einem Regenbogen-Trikot gegen Mainz 05 auf. Der VfB Vorstandsvorsitzende Thomas Hitzlsperger erklärte es mit den Worten: “Am morgigen Heimspieltag werden wir ein starkes Zeichen für Vielfalt setzen“. Ein guter Zweck und schöne bunte Trikots. Zehn Feldspieler trugen dasselbe Trikot auf dem Rasen, setzten also mit einer Fußball-Uniform ein Zeichen für Vielfalt. Das ist ein wirklich interessanter Umstand, den ich doch nur paradox nennen kann. Ich kenne die Spieler des VfB Stuttgart nicht und habe von ihnen auch keine Aussagen zu der Trikotaktion gehört, aber ich kann mir schwer vorstellen, dass tatsächlich jeder einzelne die Aktion wirklich gut gefunden hat. Die Regenbogenfahne erfährt ja einen sehr vielfältigen Gebrauch, in dem aktuell besprochenen Kontext sollte sie für das LGBTQ+-Spektrum stehen. Menschen, die sich zu diesem Spektrum zählen, tragen sie häufig mit Stolz und identifizieren sich damit – nicht umsonst wird sie auch “Pride Flag” genannt. Natürlich kann es sein, dass unter den Fußballspielern Männer waren, denen die Regenbogenfahne persönlich etwas bedeutet, aber doch sehr unwahrscheinlich gleich der ganzen Mannschaft. Deswegen sah die besondere Kostümierung am 19. Spieltag zwar nett aus, war jedoch nichts wesentlich anderes als der Aufdruck des Trikotsponsors “Mercedes-Benz Bank”. Etwas Aufgedrucktes, wenn nicht sogar etwas Aufgedrücktes. Nicht jeder Spieler wird deswegen ein Konto bei dieser Bank haben oder sogar ein Fan von ihr sein. Es ist halt eine Begleiterscheinung des Fußballgeschäfts. Man trägt, was der Verein vorgibt. Nicht mehr und nicht weniger – selbst wenn der Mannschaftsrat geschlossen für diese Aktion gestimmt haben sollte: Derlei Abstimmungen finden nicht selten unter sozialem Druck statt, insbesondere, wenn sie offen durchgeführt werden.

Bunte Aufkleber – aber nicht für alle

Ich bleibe einfach bei der Regenbogenfahne, weil sie so ein leuchtendes und plakatives Beispiel abgibt. Wenn sie jemand auf sein Social Media Profil stellt, scheint recht klar zu sein, warum. Was aber heisst es, wenn die Regenbogenfahne auch am Eingang eines Supermarktes klebt, in dem viele verschiedene Menschen arbeiten und noch viel verschiedenere Menschen einkaufen? Was unterscheidet ein Hotel, das sich in Westeuropa “LGBTQ+ friendly” nennt von einem irgendeinem anderen Hotel in Westeuropa, das sich nicht so nennt? Ich würde hoffen: Nichts. Und was bringt es, in einem Bürogebäude auf den Fluren die Wände mit einer Regenbogenfahne zu bekleben, die die dahinter befindlichen Räume als “Safe Zone” deklarieren sollen? Sorgt das tatsächlich schon für mehr Sicherheit und dafür, dass die Mitarbeiter ihre Verschiedenheit im Arbeitsalltag unbesorgter ausleben können, ohne diskriminiert zu werden? Warum aber werden dann nur Regenbogenfahnen angeklebt, warum gibt es nicht auch Sticker für beispielsweise alleinerziehende Mütter, Über- oder Untergewichtige, unfreiwillige Singles, Glatzköpfige, chronisch Kranke, Depressive, Aspberger und Autisten, Vegetarier und Veganer, Farbenblinde, Angehörige der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen und sonstigen Lebensweisen usw. usf.; hätten sie nicht alle auch einen schönen Sticker verdient? Müsste man dann nicht, um nicht im Zeichen der Anti-Diskriminierung selbst zu diskriminieren, alle Wände mit irgendwelchen Symbolen vollkleben, bis sich jeder irgendwo wiedererkennt, bis jeder irgendwo “sichtbar” gemacht worden ist, bis alle “safe” sind?

Wäre es aber nicht vielleicht klüger, die ganze Geschichte mit den Stickern zu lassen, weil sie konsequent umgesetzt zwangsläufig im Absurden enden muss? Die administrativ angeordnete Regenbogen-Inflation ist doch in Wirklichkeit eine Entwertung eines Identitätssymbols, weil es vom Individuum abgekoppelt verwendet wird, um der Organisation einen Nutzen zu bringen.

Es ist etwas grundverschiedenes, wenn, wie bereits erwähnt die Regenbogenfahne ein Social Media Profil ziert oder auch die Rückwand eines beruflich genutzten Laptops. Dann hat sie eine Bedeutung, die wirklich für Diversität steht, weil sie zeigt, dass sich hier jemand nicht verstecken muss und stattdessen mit seiner Persönlichkeit ganz offen umgeht. Das kann man natürlich auch genauso gut ohne Symbole – vielleicht sogar wirksamer – tun, indem man “ganz einfach” authentisch ist.

In welchem Beruf jedoch kann man authentisch sein? Spielt man nicht überall eine Art Berufs-Ich?!

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