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Dusche
Autor: Stefan Schürrer · Rubrik:
Erzählungen

Erst mal Duschen. Das warme Wasser entspannt meinen geschändeten Geist und heilt alles, was kaputt ist. Es ist einfach wunderbar. Einfach da, wenn man den Wasserhahn aufmacht, wenn man ihn aufdreht läuft warmes Wasser auf deinen Nacken, den Rücken hinunter und in den Abfluss. So ein Luxus. Der Dreck wird abgespült und landet im Ausguss. Du kannst einfach das Wasser um dich haben, wie im tiefsten Regen, aber es tut dir nichts. Du lebst glücklich. Bist glücklich unter der Dusche. Nach tagelangen Strapazen, die darin endeten, dass ich abends und nachts schrieb, aufstand, mich duschte, essen ging, mich betrinke und wieder schreibe, tut eine Dusche immer gut. Die üblen Gedanken werden weggespült, die schrecklichen Sorgen mit kaltem Wasser ertränkt, der Kopf auf Zimmertemperatur herunter gekühlt und alles andere wird unwichtig.

Das warme Wasser entspannt deinen zermürbten Nacken, dein Nacken ist von der vielen Schreibarbeit geschunden, deine Arme schmerzen und deine Hand aufgebrochen; alles wartet angespannt auf irgendein Zeichen der nächsten Inspiration. Während man sich einseift, den Körper mit dem wärmenden Duschgel beschmiert, fließt das Wasser weiter den Abfluss entlang, es ist dir alles egal. Doch wenn der Vorhang näher kommt und anfängt sich zu bewegen, zu fliegen mit deinen kleinen Bewegungen, dann bekommst du doch irgendwie Panik. Dann ist es aus mit der Geborgenheit des Wassers. Die Phobien sind da, die Angst, die Verzweiflung. Panikzustände, weil man dieses Bild ja aus Fernsehen und Kultur kennt. Es wartet ein Messerstecher auf dich, will dich erstechen unter der Dusche, mit einer Axt hat er die Türe eingeschlagen und nun harrt er vor dem Duschvorhang mit seinem spitzen Messer. Die ersten Minuten sind entscheidend.

Wenn man sich beschließt, es als Hirngespinst einzustufen, dann muss man sich sofort vergewissern, direkt nachgucken, ansonsten verfolgen einen diese Bilder den ganzen Tag, du bleibst vielleicht unter der Dusche verharrt vor Angst und du kannst nur zusammengekauert in der Ecke hocken, mit einem Messer in der Hand gegen den potenziellen Angreifer. Wenn man sich beschließt, es über sich ergehen zu lassen, dann passiert es auch meistens nicht, wenn man es als Wahrheit anerkennt, wird der Messerstecher mitsamt Messer die Klogänge hinuntergezogen, in einem quälenden Kampf um Leben und Mord, die Ratten jagen seine Eier und fressen ihn bei lebendigem Leibe wie die übliche Scheiße. Du hörst nur ferne Schreie vom Kampf, welche gedämpft durch das warme Wasser hinuntergehen in die Toilette. Ferner und immer ferner werden sie, wenn du den Vorhang dann wegziehst ist alles vorbei. Keine Spuren haben die Ratten hinterlassen. So wie sie es immer tun, wenn sie uns an der Oberfläche der Scheiße besuchen.

Am Morgen spülst du nur den Alkohol und die Tabletten unter der Dusche aus deinem Körper heraus, den Schlaf aus deinem Kopf, die Träume aus deiner Wirklichkeit und bist wieder bereit zu trinken, zu schreiben und irgendwann gegen die Schmerzen diese unbekannten Tabletten einzuschmeißen, fast schon aus Gewohnheit, fast schon unbewusst und ohne lange darüber nachzudenken. Am nächsten Morgen geht sowieso alles wieder den Abfluss hinunter.


Einstell-Datum: 2011-07-16

Hinweis: Dieser Artikel spiegelt die Meinung seines Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung der Betreiber von versalia.de übereinstimmen.

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