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Rudolph Thome - Das rote Zimmer
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Thome, Rudolph - Das rote Zimmer bestellen
Thome, Rudolph:
Das rote Zimmer

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(Bücher frei Haus)

Ménage-à-trois scheint immer noch das Thema der Saison zu sein. Zumindest des Sommers. Zumindest bei Rudolph Thome. In „Das rote Zimmer“ sind es zwei Frauen, Luzie und Sibel, und ein Mann, Dr. Fred Hintermeier. Dieser Fred ist ein sympathischer Mitvierziger, der sich gerade von seiner Frau getrennt hat, obwohl er sie immer lieben wird, wie er in einem Telefongespräch mit ihr melodramatisch betont. Im Gegensatz zu ihm will sie ihn aber nie mehr wiedersehen, denn es ekelt sie vor ihm, warum erfährt man allerdings nicht. Ist es vielleicht wegen seines Berufes? Fred ist nämlich Philematologe an einer Berliner Universität, also Kussforscher, er erforscht die Reaktionen des menschlichen Körpers auf das Küssen und deswegen braucht er immer wieder neue Probanden und Probandinnen, die er in öffentlichen Parks rekrutiert. Die anfängliche Skepsis seiner Versuchskaninchen wandelt sich aber schnell in Neugier, besonders, wenn man damit sogar Geld verdienen kann. Interessant ist die Reaktion eines Pärchens auf einer Parkbank: er glaubt in Fred einen Perversen entdeckt zu haben, während sie ganz gerne mit Küssen Geld verdienen würde. Ist es weil sie das Küssen im Park mit ihrem Exemplar der männlichen Gattung so langweilt? Oder ist sie prinzipiell nur an Geld interessiert? Man könnte die Szene ja auch als frauenfeindlich auslegen, aber es kommt ohnehin noch dicker.

Kussforschung und Männerjagd
„Du bist und bleibst ein elender Macho“ hält seine Ex-Frau Fred bei der Scheidung vor und als er mit dem Callgirl Jacqueline seinen 39. Geburtstag feiern will, glaubt man es seiner Frau beinahe. Aber Fred, der von Peter Knaack sehr zurückhaltend gespielt wird, ist alles andere als ein Macho, ganz im Gegenteil sogar. Es sind die Frauen, die sein Leben regeln und beeinflussen, Fred ist eher ein Opfer denn ein Täter, er lässt sich treiben und sucht nach einem neuen Sinn in seinem Leben. Als er in einer Buchhandlung „zufällig“ die selbsterklärte „Männer-Seelenforscherin und Schriftstellerin“ Luzie, die mit ihrer Freundin Sibil auf dem Land lebt, kennenlernt, bekommt sein vermeintlich tristes Dasein eine neuerliche Wendung. Die beiden lesbisch angehauchten Frauen wollen ihn verführen, aber alles natürlich aus rein wissenschaftlichem Interesse, denn sie wollen das männliche Seelenleben erforschen und sprechen allein zu diesem Zweck Männer in Bibliotheken oder Buchhandlungen an, da man dort zumeist auf besonders gebildete Exemplare dieser Spezies trifft. Luzie ist dabei erfolgreicher als Sibil, was auch am Altersunterschied der beiden Frauen liegen könnte, mit dem „Professor“ hat Luzie jedenfalls wirklich Glück gehabt, denn er ist ein ganz zivilisierter, domestizierter Mann.

Die Käuflichkeit der Liebe
„Das Rote Zimmer“ ist ein Film bei dem man wieder Lust auf das Landleben bekommt, auf lange Abende in der Hollywoodschaukel und Weintrinken auf der Terrasse, auf Spaghetti mit Gemüse und barfuß gehen im Gras oder einfach ans Meer zu fahren. Der Film, der sich ganz der Liebe zu dritt verschrieben hat, versucht jedem das seine zu geben, was in der Realität wohl nicht lange durchführbar wäre. Auch wenn der „Liebesvertrag" der drei dann schließlich vor allem darin besteht, dass Fred monatlich 3000,- Euro überweist und dafür die beiden Frauen als seinen „ganz legalen“ Harem bekommt, sind es doch vor allem die Frauen, die das wollen. Gerade wenn Luzie im geheimnisumwitterten roten Zimmer zu Fred sagt: „Alle alten Männer träumen vom Harem, da bist du keine Ausnahme.“, merkt man, dass es eigentlich vor allem ihr Wunsch ist, denn die Alimente ihres Ex-Mannes laufen in einem Jahr aus und irgendwie muss sie sich ihr Schriftstellerdasein ja finanzieren. Fred hingegen lässt sich eher treiben, ihm ist die neue Situation selbst nicht ganz geheuer, er muss wohl vor allem über seine gescheiterte Ehe hinwegkommen, von der man leider viel zu wenig erfährt. Das „Rote Zimmer“ erzählt also auch davon, wozu ein Mensch bereit ist, wenn er aus der Bahn geworfen wird und ihm jede Abwechslung gerade recht kommt. Der Film erzählt aber auch von der Käuflichkeit der Liebe, die – wie in der Parkszene – oben angedeutet vor allem den Frauen unterstellt wird. Ein wertvoller Beitrag zum Geschlechterdiskurs also, der allerdings einige Explosionsgefahr beinhaltet.

Rudolph Thome
Das rote Zimmer – Zweitausendeins Edition Deutscher Film 3/2010.
Spr.: D. Sub: E. 97 Min. FSK 12. Stereo DD. Zweitausendeins Edition. 2013. DVD. Komödie mit Katharina Lorenz, Seyneb Saleh, Peter Knaak, Milan Peschel u.a. Regie: Rudolf Thome. Extras: Trailer

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-03-13)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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