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Auch ich war mal in ...
Autor: ArnoAbendschoen · Rubrik:
Reiseberichte

Heute werfe ich einmal die Frage auf: Bis zu welchem entferntesten Punkt bin ich jemals in einer Himmelsrichtung gekommen?

NACH SÜDEN? - Ich glaube, es war Syrakus auf Sizilien. Wir fuhren von Catania, wo wir logierten, mit dem Zug an der Küste entlang. O, diese Küste - wer sie je gesehen hat, wird mir beipflichten: Es gibt nichts Vergleichbares, es gibt nichts - Abscheulicheres als die Petrochemie von Augusta ... Wir besichtigen also Syrakus in der Mittagshitze. Kein Mensch außer uns auf den Straßen – und ich liege abends mit einem Sonnenstich auf dem Hotelzimmer.

Es kann anstelle von Syrakus auch Alexandria, Virginia, gewesen sein, ein Vorort von Washington D.C.. Ich müsste mal im Atlas nachsehen. Eine männliche Scarlett O´Hara hatte mich dorthin abgeschleppt, eine wirkliche Südstaatenschönheit, und als wir das heruntergekommene Hochhaus betraten, sagte er ganz nonchalant: "It´s like a slum." Das war echter Alter Süden.

NACH WESTEN? - Schon wieder ein Vorort, diesmal von Chicago. Arlington Park, da ist die weltberühmte Pferderennbahn der Stadt. Ich habe darüber schon einmal geschrieben. Leider war gerade Rennpause - sagt man so? - und selbst Training gab es kaum zu sehen. Wenn ich bedenke, dass dies der westlichste Punkt in meinem Leben war, kommt mir dieses Leben beinahe verpfuscht vor.

NACH OSTEN? - Von Wien mit der S 7 nach Hainburg. (Bitte betonen Sie auf -burg.) Ich stand auf einem Hügel nahe der Donau und sah hinüber auf Bratislava, das alte Pressburg. Damals war die Grenze noch dicht, nur an wenigen Punkten passierbar. Ich sah mir Bratislava von fern an und stellte fest, dass es vor allem aus Plattenbauten bestand. Es sah aus wie München-Neuperlach, Köln-Chorweiler und Hamburg-Steilshoop zusammen. Da überkamen mich heimatliche Gefühle und ich fuhr rasch zurück ins alte Wien.

NACH NORDEN? - Vor Bykle ist das norwegische Setesdal sehr eng. "Big mountains!" sagte bei unserer Ankunft der alte Mann, der Vermieter unserer Hütte. Schwarze, feucht glänzende Wände ragten senkrecht himmelhoch in die Höhe. Die Sonne kam erst um elf zum Vorschein und verschwand um zwei Uhr nachmittags. Es regnete ohnehin meistens.

Die Deutschen hatten im Zweiten Weltkrieg Schützengräben in den Felsboden des Talgrundes gesprengt und die Norweger später Holzhütten darüber gebaut, um sich dafür an deutschen Touristen zu rächen. Unter den Hütten, in den Gräben fühlten sich die Mäuse pudelwohl, sozusagen. Ich sehe uns noch, jeder in seinem Schlafalkoven, und höre meinen Freund flüstern: "Arno, hörst du die Maus?" Die Matratzen waren zerfressen.

Wir kauften Mausefallen. Sie guillotinierten die Nager im Zehn-Minuten-Takt. Mein Freund schaffte die vielen Kadaver fort. Dafür holte ich Holz aus dem Schuppen und fauliges Wasser aus dem Holzbrunnen. Ja, wir mussten im August heizen und wir hatten zwei Wochen lang Regenwetter. Entmutigt strichen wir die dritte Woche. Am Tag der Abreise war dann strahlend schönes Wetter. Jetzt erkannten wir doch noch, wie herrlich die Welt war.


Einstell-Datum: 2012-03-01

Hinweis: Dieser Artikel spiegelt die Meinung seines Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung der Betreiber von versalia.de übereinstimmen.

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