Michael Lockshin - Der Meister und Margarita Limitiertes Mediabook (4K Ultra HD + Blu-ray)
Buchinformation
„Doch es kommt eine Zeit, in der es keine Macht geben wird, keine Caesaren oder sonstigen Herrscher. Und der Mensch tritt ein in das Reich der Gerechtigkeit und der Wahrheit, das aller Gewalt entbehrt.“, sagt frank und frei Jeschua zu Pontius Pilatus und stellt damit nicht nur das Römische Imperium in Frage, sondern wohl auch die Sowjet. Der Schriftsteller, der die Biographie von Pontius Pilatus verfasst, ist auch der Protagonist des Romans, den Michail Bulgakow in den Dreißigern in Moskau verfasste und der erst Jahrzehnte später veröffentlicht wurde. Eine Literaturverfilmung des 1981 geborenen russisch-amerikanischen Regisseurs Michael Lockshin versucht nun, 2025, die Magie eines Romans, der ein ganzes Land in Aufruhr versetzte, gerecht zu werden. Dabei werden die politische, historische und magische Wirklichkeit überlagert, denn neben einer nackt fliegenden Hexe spielen auch der Teufel in Gestalt des bekannten deutschen Schauspielers August Diehl eine wichtige Rolle. Wenn sich das Moskauer U-Bahn Zeichen "M" für Metro in einer Pfütze spiegelt und so das "W" für Woland, ein anderer Name für Teufel, in die Dunkelheit der Nacht spiegelt, weiß der Zuseher bereits, was auf ihn zukommt. Das Buch und der Film kritisieren die Zensur unter der in den verschiedenen politischen Systemen die Künstler:innen leiden, aber bei Bulgakow darf sich einer von ihnen, der Schriftsteller, mittels Wolands an allen rächen, die ihn verschmähten. "Glaubt wenigstens an den Teufel", rät er ihnen und nimmt damit auch das literarische Motiv vorweg, das an der Wiege des Jahrhundertwerks stand: Goethes Faust.
Sympathy for the Devil
Drei Männer begegnen sich in einem Moskauer Park und philosophieren über die Gottesbeweise Kants. Ein Ausländer, ein Dichter und der Dritte, ein Redakteur und Vorstandvorsitzender der größten Moskauer Autorenvereinigung, palavern über Gott und die Welt. Letzterer wird nach dem Gespräch über Kant von einer Tramway geköpft werden, ersterer wird ihm dies alles detailreich in ihrem Gespräch vorhersagen. Ist dies der sechste Gottesbeweis? Eigentlich gibt es derer ja nur fünf: den kosmologischen, den teleologischen, den ontologischen, den moralischen, den historischen. Der Schauplatz des Gespräches, der zum Ausgangspunkt eines der berühmtesten russischen Romane der Moderne wird, sind die Moskauer Patriarchenteiche, die wie der Name schon andeutet, einst dem Patriarchen, also der russischen Kirche, gehörten. Befolgen Sie eine uralte Regel: vergleichen sie Gleiches mit Gleichem", rät der Teufel alias Woland. In dem hier vorliegenden fantastisch-realistischen Film geht es eben nicht immer mit rechten Dingen zu. „I was around when Jesus Christ had his moment of doubt and pain/Made damn sure that Pilate washed his hands and sealed his fate“, sangen schon die Stones in Replik auf Bulgakow, „I stuck around St. Petersburg, when I saw it was a time for a change…”. Die Geschichte spielt allerdings in Moskau, aber auch im Film wurden viele andere Drehorte - darunter St. Petersberg - verwendet. Was verwundert, dass dies in einem Land wie dem heutigen Russland, überhaupt möglich war. Darauf nimmt auch Christiane Peitz in ihrem Essay "Putins Diktatur und die Schwarze Magie" im Booklet zum Mediabook Bezug. "Groteske, Romanze und Retro-Science-Fiction" nennt sie darin die Verfilmung des Kultromans durch Michael Lockshin. Genauso wie Bulgakow Anleihen aus der sowjetischen Wirklichkeit genommen habe, nehme Lockshin diese bei der aktuellen russischen Wirklichkeit.
Kassenerfolg in Moskau
Woland (Professor W) kann mit Hilfe seiner Kumpanen, dem (animierten) Kater Behemoth, dem wienernden Korowjew, Azazello und der Dienerin Gella, der Liebe zu ihrem Durchbruch verhelfen, auch wenn er die Liebenden dann – wie bei Tristan und Isolde – zunächst Gift trinken lässt. Zuerst muss aber ohnehin die große Séance im Varieté gut über die Bühne gebracht werden und als Behemoth „eng dö trua“ (gemeint: un deux trois) einem Theaterkritiker den Kopf erst abreißt und dann wieder aufschraubt, scheint die Vorstellung des großen Magiers dann doch etwas aus dem Ruder zu laufen. Fast so wie die Party in Moskau, von der die https://www.srf.ch/news/international/dekadent-und-respektlos-blanke-empoeru ng-ueber-moskauer-nackt-party 2023 während des Krieges berichtete. Die Beschreibung des Balles im Buch und Film ähnelt einer Achterbahnfahrt auf LSD und gehört wohl zu dem verwirrendsten Stück der russischen Literaturgeschichte. Neben den Patriarchenteichen und einem Theater spielt der vorliegende russische Jahrhundertroman des fantastischen Realismus auch in einer Irrenanstalt und der Wohnung des verunglückten Berlioz, Nr. 302 Block B Wohnung 50. Die Wohnung ist längst zur Kultstätte für Literaturfreunde und Bulgakow-Verehrer geworden. Der Film kam erstaunlicherweise dennoch Ende Januar 2024 in die russischen Kino, schreibt Peitz, und wurde zum nationalen Box-Office-Hit. 24 Millionen Dollar (zwei Milliarden Rubel) habe er schon eingespielt. Einen Blick in den Trailer finden Sie hier: https://youtu.be/ifb61RKAXws. Der Autor, Bulgakow, verstarb 26 Jahre bevor sein Roman veröffentlicht, wurde 1940 in Moskau. Der Schriftstellerverband der UdSSR eine private Trauerfeier ab. Hatte dabei etwa gar ein gewisser Professor W die Hand im Spiel? „But what’s puzzling you, is the nature of my game?“ Isn’t it?
Michael Lockshin
Der Meister und Margarita
Limitiertes Mediabook (4K Ultra HD + Blu-ray), als Blu-ray und als DVD und digital
Mit: August Diehl, Julia Snigir, Jewgeni Zyganow, Claes Bang
2024, FSK: 12, 156 Minuten
Extras: 4K UHD; Bluray, 24-seitiges Booklet mit einem Text von Christiane Peitz
Sprachen/Tonformate:
Deutsch (DTS-HD MA 5.1)
Russisch/Deutsch/Latein/Aramäisch (DTS-HD MA 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Capelight
[*] Diese Rezension schrieb: Juergen Weber (2025-08-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.