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Davide Toffolo - Interview mit Pasolini
Buchinformation

Bereits in der zehnten italienische Auflage seit 2002 ist das vorliegende Werk auch in einer spanischen, französischen und serbischen Edition erschienen. Erstmals liegt hier nun auch bei der Galerie der abseitigen Künste die erste deutsche Übersetzung vor. Ein fiktives Interview mit Pasolini über Pasolini.

Hypnagogische Halluzinationen

Das gezeichnete Tagebuch, das den Künstler selbst zum Interviewer, also gewissermaßen Journalisten macht, führt in zu den wichtigsten Stationen im Leben von Autor und Regisseur Pier Paolo Pasolini, der ein dramatisches Ende erlitt. Pasolini wurde aller Wahrscheinlichkeit am Strand von Ostia (in der Nähe von Rom) von einem Stricher ermordet. Wer den Auftrag dazu gegeben hatte oder ob es sich um eine zufällige Tat handelte, ist bis heute nie ganz geklärt worden. Da sein letztes Buch "Petrolio" von der Ölindustrie handelte, vermutete man lange, es könnte sich um einen Auftragsmord handeln. Davon ist bei Davide Toffolo aber nicht so sehr die Rede, denn es geht ihm vor allem um das Werk und das Vermächtnis Pasolinis, über das er in mehreren Interviews an verschiedenen Orten mehr erfahren möchte. Sein erstes Buch, eine Gedichtsammlung in Friaulisch (Poesie a Casarsa, 1942), stieß den faschistischen Machthabern auf, da es keine Dialekte mehr geben sollte. Seine Mutter war Lehrerin und sein Vater Berufsoffizier, was den jungen Pasolini schon früh mit Abscheu vor seiner kleinbürgerlichen Herkunft erfüllte. Im einem Interview erklärt er auch das Geheimnis seines Schaffens: "Die rhetorische Figur, die mein Werk dominiert, ist das Oxymoron...Die Dinge per Widerspruch definieren."

Die Epoche der industriellen Entfremdung

Pasolini wurde schon 1949 "wegen moralischer Unwürdigkeit" aus der PCI ausgeschlossen. Neben Sartre und Gide wird er in der Begründung als "Erbe derselben verheerendsten bürgerlichen Degeneration" bezichtigt. Seinen eigenen Charakter nennt er an einer Stelle "mozartinisch", was für ihn "elegisch und heiter" bedeutet. Seine Feldzug gegen das Italien der damaligen Zeit war allerdings von wenige Heiterkeit geprägt: "Italien ist dabei zu verfaulen in einem Wohlstand, der aus Egoismus, Unbildung, Klatsch, Moralismus, Konformismus besteht: An diesem Fäulnisprozess mitzuwirken, bedeutet heute Faschismus." Was dem Faschismus damals nicht gelungen sei, die "Homologation", das sei die Macht von heute, die Macht der Konsumgesellschaft, die das mühelos erreicht habe. "Deshalb behaupte ich, dass der wahre Faschismus eben diese Konsumgesellschaft ist." Wir würden am Anfang der übelsten Epoche der Menschheit stehen, der Epoche der industriellen Entfremdung stehen, so Pasolini. Das Schicksal der Söhne ist es, für die Schuld der Väter zahlen zu müssen, "welche Schuld auch immer die Väter auf sich geladen haben" - die Söhne würden dafür bestraft werden.

Tre Allegri Ragazzi Morti

Deswegen wollte Pasolini wohl nie ein Vater sein. Die graphische Umsetzung des Lebens von Pier Paolo Pasolini - der als einer der letzten großen Intellektuellen Italiens gilt - als "slice of life"-Comic zeichnet sich durch grandiose stilistische Einfälle aus. Aber Autor und Zeichner Davide Toffolo ist ja längst kein Unbekannter mehr. Geboren in Pordenone 1965 begann er schon früh, sich in der italienischsprachigen Comic-Welt auszubreiten und gilt als einer der angesehensten Vertreter dieses Genres. Als Frontman und Gitarrist der Art-Rock Band "Tre Allegri Ragazzi Morti" (Drei Fröhliche Tote Jungs) zeigt er sich mit Totenkopf-Maske, um seinem intermediäres Oeuvre, das er auch gerne bei musikalisch-performativen Comic-Lesungen präsentiert, eine zusätzliche künstlerische Note zu verleihen. Mehr zu Signor Pasolini: https://www.interview-mit-pasolini.de

Davide Toffolo
Interview mit Pasolini
Herausgegeben von Galerie der abseitigen Künste
Übersetzt von Fabien Vitali mit einem Nachwort von Marco Antonio Bazzocchi
2024, Hardcover, 160 Seiten
ISBN 978-3-948478-20-9
Verlag Galerie der abseitigen Künste
Preis € 24.00

[*] Diese Rezension schrieb: Juergen Weber (2025-09-23)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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