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Literaturforum: Autofreie Städte


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Forum > Politik & Gesellschaft > Autofreie Städte
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 Thema: Autofreie Städte
Kenon
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 10.02.2020 um 23:23 Uhr

Es ist oft zu leicht, sich mit dem Unerträglichen abzufinden, zum Beispiel dem massenhaften Parken und Fahren von Autos in den Städten. Die Autos waren schon da, als man geboren wurde, sie aus den Städten zu entfernen scheint eine aussichtslose Utopie zu sein, die, wenn sie in ernsthafter Umsetzungsabsicht formuliert wird, die Menge von Autofahrern zu einer wütenden machen könnte. Darauf muss man es ankommen lassen.
Mir geht es nicht nur um die vielen totgefahrenen Fußgänger und Radfahrer, sondern auch um den Lärm, die Abgase, die Platzverschwendung. Deswegen sind sichere Radwege und E-Autos noch keine Lösung.

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ArnoAbendschoen
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1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 11.02.2020 um 11:39 Uhr

Die allgemeine Debatte ist von Illusionismus geprägt. (Das bezieht sich weniger auf deinen Beitrag, den ich vor allem als Denkanstoß und Stoßseufzer auffasse.) Ich selbst besitze und besaß nie weder Auto noch Führerschein, war und bin ausschließlich Fußgänger und Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Heutzutage denke ich: Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre ein massenhafter Umstieg von Autofahrern auf Bahnen oder Busse. Diese sind nämlich schon jetzt in Berlin und Umgebung heillos überlastet. Ihre Betriebe sind heruntergewirtschaftet, insbesondere die BVG ist in einer sehr kritischen Verfassung.

Der wünschenswerte große Ausbau der Infrastruktur hat seit Jahrzehnten nicht stattgefunden, es wird ihn zumindest in den nächsten 10 Jahren auch nicht geben. Es fehlen dafür alle Voraussetzungen: Personal, Geld, Bau- und Planungskapazität, politischer Wille oben wie unten.

Die Debatte um die "Verkehrswende" ist im Wesentlichen wie einige andere wichtige nur Geschwätz. Anstelle von Rationalität und energischem Handeln sehe ich Stimmungen durchs Land wabern, die zum Selbstbetrug tendieren. Der Abgrund zwischen Überzeugungen und Wirklichkeit spiegelt sich speziell in Berlin im Kontrast von Wahlergebnissen und Alltagsrealität.

Zwei Beispiele für diese Bewusstseinsspaltung und den Vorrang von Propaganda: Wenn ich in unserem beliebten Gründerzeitwohnviertel (politisch dominant Rot-Rot-Grün) zum nahen Supermarkt gehe, brauchte ich bis vor einigen Monaten an der Ampel nur ausnahmsweise länger als eine Minute zu warten. Jetzt sind es infolge veränderter Ampelschaltungen und Anpassung an den immer weiter wachsenden motorisierten Verkehr selten weniger als drei, meist um die vier Minuten - und das obwohl man sich offiziell in Bekundungen überschlägt, den Fußgängerverkehr zu fördern.

Zweites Beispiel: Am Bahnhof Ostkreuz, einem der größten Nahverkehrsbahnhöfe Deutschlands, fehlt ein Straßenbahnanschluss. Der Senat will ihn seit langem herstellen, wird aber von Anwohnern massiv ausgebremst: mehr als 1000 Einwendungen im Planfeststellungsverfahren, und das in einem Kiez, in dem die Senatsparteien bei Wahlen mehr als 70% kriegen. In Moabit dagegen, wo eine andere Klientel wohnt, gab es im gleichen Fall kaum Gegenwind. Kommentar überflüssig.

Nimm´s mir nicht übel: Die "Wut der Autofahrer" gehört in dem Gesamtzusammenhang noch zu den kleineren Problemen.

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Kenon
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2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 11.02.2020 um 20:46 Uhr

Natürlich müsste der öffentliche Nahverkehr drastisch ausgebaut werden, um Städte autofrei zu bekommen. Ich kenne keine Details zu dem von Dir genannten Fall am Ostkreuz, wer sich da warum sperrt, vielleicht sind es Autofahrer, die um ihre Parkplätze fürchten, vielleicht geht es auch nur um die zusätzliche Lärmquelle. Ohnehin denke ich, dass ein menschenwürdiges Leben an S-Bahn-Trassen, Einflugschneisen und Hauptstraßen, in DDR-Plattenbauten oder Altbauten mit Holzdecken usw. usf. schwer möglich ist. Lärm tötet.

Wenn Du “Gesamtzusammenhang” schreibst, denke ich mindestens an Deutschland. Deutschland ist am Ende: Ein alternder und sehr hässlicher Staat. Mehr will ich dazu nicht sagen, sonst würde ich morgen noch nicht mit dem Schreiben aufhören können.

Früher sagte man: Der Verkehr muss fließen und baute in den Städten Fußgängerbrücken über und -tunnel unter die Straßen. Heute träume ich davon - und ja, es ist ein Traum, der vielleicht bei Marathonveranstaltungen und Bombenentschärfungen schon teilweise wahr wird - dass der motorisierte Individualverkehr in den Städten zum Erliegen kommt. Ich halte diesen Traum für keine falsche Idee. Er wird sich nicht schlagartig umsetzen lassen, aber in vielen kleinen Schritten. Wenn man will, kann vieles wahr werden.

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Kenon
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3. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 05.04.2021 um 01:06 Uhr

Ich sehe bei mir nicht allzuviele Schnittmengen mit dem aktuellen Parteiprogramm der Grünen, aber ihre radikalen Vorstellungen von der Zukunft des Autos in der Stadt gefallen mir:

Zitat:

So war der Parteinachwuchs, die Grüne Jugend, mit einer radikalen Forderung zum Parteitag angetreten: Berlin solle bis 2030 gänzlich autofrei werden. Alle Verbrenner wollte die Grüne Jugend sogar schon 2025 aus der Innenstadt verbannt sehen. Leicht entgeistert hielt Fraktionschefin Antje Kapek dagegen: "Jetzt mal ganz ehrlich: Berlin umbauen in nur vier Jahren? Nicht nur ich glaube, dass das nicht klappt!" Im Wahlprogramm bleibt es nun bei der "Zero Emission Zone" im Jahre 2030 und damit zumindest bei freier Fahrt für Elektroautos.

Quelle: So wollen die Grünen "Berlin-Partei" werden (rbb.de)

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Kenon
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4. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 05.08.2021 um 23:45 Uhr

Die "Initiative Volksentscheid Berlin autofrei" hat in den letzten drei Monaten 50.333 Unterschriften gesammelt. 2023 wäre damit – wenn die Nachzählung mindestens 20.000 gültige Unterschriften ergibt – ein Volksentscheid möglich.

Dabei geht es um folgendes:

Zitat:

Wir wollen deutlich weniger Autoverkehr innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings. Der „Volksentscheid Berlin autofrei“ sorgt für eine gesunde, sichere und klima­schonende Stadt mit mehr Platz für alle!

In Zeiten des Klima­wandels und des knapper werdenden Raums in Groß­städten brauchen wir eine wirksame und sozial gerechte Verkehrs­wende. Politiker* ergreifen dafür aus unserer Sicht nicht die nötigen Maßnahmen - es ist Zeit, dass sich was bewegt.

Um eine Reduzierung des Auto­verkehrs auf die notwen­digen Fahrten zu erreichen, haben wir das „Berliner Gesetz für gemeinwohl­orientierte Straßen­nutzung“ ausge­arbeitet, über das alle Berliner* in einem Volks­entscheid abstimmen sollen.

Quelle: https://volksentscheid-berlin-autofrei.de


* entgendert

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ArnoAbendschoen
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5. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 12.10.2021 um 22:31 Uhr

Nun ja, diese Stadt berauscht sich gern an Utopien. Die reale Politik und Verwaltung sorgen indessen dafür, dass alles beim Alten bleibt oder noch schlimmer wird. Den Wählern scheint´s zu gefallen, mir nicht.

Jüngstes Beispiel: https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/verkehrswende-a-la-berlin-neue-strassenb ahn-langsamer-als-der-bus-li.188234

Und so geht es in großen Teilen von Berlin zu. Gleichzeitig fühlt man sich gebauchpinselt von lobender Erwähnung dieser elektrifizierten Postkutschen in der "New York Times" ... Ich fuhr heute mal wieder mit der M 17 von Norden her nach Hause. Fast die Hälfte der "Fahr"-Zeit bestand in jeweils mehrere Minuten langem Warten vor Kreuzungen: Landsberger Allee, Allee der Kosmonauten usw.

Bloß gut, dass wir in den letzten Jahren keine grüne Verkehrssenatorin
hatten. Hatten wir doch? Na sowas!

In Berlin gibt es eine Riesenkluft zwischen Problembewusstsein und Parteiprogrammatik einerseits und praktischer Politik andererseits. Die paradoxe Folge: Die Verantwortlichen für diese zunehmende Kluft profitieren auch noch genau davon. So gewinnt man Wahlen: vIel Gequatsche und nischt dahinter.

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Kenon
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6. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 18.10.2021 um 19:26 Uhr

Ich bin kein Abonnent und muss daher fragen:
Um was für eine Geschwindigkeitsdifferenz geht es denn in dem konkreten Beispiel, das es bis in den Titel einer Zeitung geschafft hat?

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ArnoAbendschoen
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7. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 18.10.2021 um 21:20 Uhr

Tja, als ich den Artikel las (und auch noch beim Verlinken) war er komplett gratis zu lesen. Ich bin auch kein Abonnent und jetzt in der Klemme ...

Meiner Erinnerung nach wird die Bahn auf dem Neubauabschnitt 3 Minuten länger unterwegs sein als der Bus jetzt. Das hört sich geringfügig an, man muss aber berücksichtigen, dass das Teilstück bloß 2,7 km lang ist und es auf der gesamten Ost-Tram-Tangente (M 17 von Falkenberg bis Adlershof) zahlreiche ähnliche Ausbremsungen gibt, die sich summieren. Die Gründe sind meist: verzögerte Wiedereinfädelung in den gemeinsam benutzten Straßenraum, fehlende Vorrangschaltung (immer wieder versprochen, kaum irgendwo realisiert).

Ein krasses Beispiel dafür findet man jetzt am Bahnhof Karlshorst, nach dem Umbau! Der mehrfache minutenlange Stillstand der Tram auf ca. 200 m Strecke hat auch den Unmut zahlreicher Kommentatoren im Berliner Nahverkehrsforum hervorgerufen. Ich verlinke nicht, denn man muss sich da beim Thema "Umbau S-Bahnhof Karlshorst und Treskowallee - Bauzeitraum ab 01 / 2018" durch jetzt 52 Seiten lesen. Nur als Kostprobe ein Zitat von "def" am 1.6.21 dazu:

"Im Grunde ein gutes Beispiel für die fatale Mischung aus Inkompetenz, Ignoranz und Desinteresse, die Politik, Verwaltung und staatsnahe Betriebe wie die DB AG inzwischen selbst bei ohne Frage komplexen, aber dennoch überschaubaren Bauprojekten an den Tag legen." Ich ergänze: Der BER ist überall.

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Kenon
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8. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 19.10.2021 um 00:02 Uhr

Das Hauptproblem scheint mir die Verantwortungslosigkeit zu sein. Man kommt mit allem durch, muss niemandem Rechenschaft ablegen; die Stadtbürger wählen einen sogar immer wieder, die Bundesbürger zahlen. Alles egal in Berlin. Wenn ich nicht mit Ämtern zu tun habe, irgendwo in der S-Bahn feststecke usw. denke ich mir trotzdem: Wo wollte ich sonst in Deutschland wohnen? Ich bin gewissermaßen auch ein Romantiker. Wenn Schafe auf dem Tempelhofer Feld weiden, gefällt mir das sehr gut. Das kann man gern alles zuwachsen lassen, Tegel hätte man allerdings nicht schließen dürfen.

Mit der Ukraine verglichen sind unsere Probleme sehr gering. Ich erwähne hier nur den altersmüden Trolleybus, der in Lemberg in Nähe des Flughafens zur Universität “fährt” – da ist man zu Fuß fast schneller, wenn man ein moderater Läufer ist, oder die Tram in Saporischschja, die einen Straßenzug unter dem Sobornyj-Prospekt, mit 12 Kilometern Länge eine der längsten innerstädtischen Straßen Europas, fährt, eigentlich nahezu ungestört von sonstigem Verkehr, und trotzdem quält sie sich über miserablen Gleise so langsam voran, dass die "geniale" Planung komplett verpufft.

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