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Literaturforum: Demokratie und/oder Staatsunternehmen


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Forum > Politik & Gesellschaft > Demokratie und/oder Staatsunternehmen
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 Thema: Demokratie und/oder Staatsunternehmen
1943Karl
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 29.07.2010 um 11:18 Uhr

Immer mehr deutsche Wohlstandsfanatiker loben die Volksrepublik China und beneiden sie um ihre Art, rigoros Beschlüsse zu fassen und durchzusetzen. Jedenfalls begegne ich zurzeit verdächtig vielen Bekannten, die Urlaubs- oder Bildungsreisen nach China unternahmen und mit leuchtenden Augen von „boom towns“ mit einer unglaublichen Anzahl höchster Hochhäusern berichten. Vor allem aber sind sie von jenen schnellen eindeutigen Regierungsbeschlüssen beeindruckt, mit denen sogar Umweltsünden schnell und nachhaltig bekämpft werden.
Ein Alt-Achtundsechziger unter meinen Bekannten stellte sich und mir die Frage, ob wir das denn in unserer deutschen Demokratie auch so reibungsfrei und erfolgreich bewältigen könnten. Gemeinsames Schulterzucken war unsere überzeugende Antwort.
China, meinte er und kraulte sich den grauen Revoluzzerbart, finanziere Kredite der USA, mit denen die Amis wiederum ihre Wirtschaft finanzieren. Die USA stehe bei der Volksrepublik tief in der Kreide und sei daher einer gelben Gefahr ausgeliefert. Wenn das keine erfolgreiche chinesische Finanzpolitik sei… Nichts sei erfolgreicher als der Erfolg. Und der gebe doch wohl der gelungenen asiatischen Mischung aus Kapitalismus und Sozialismus recht
Gute deutsche Unternehmen werden auch nicht demokratisch sondern hierarchisch mit einigen unbedeutetenden Einsprengseln von Mitbestimmung geführt.
Wenn mein spätrevolutionärer Bekannter sich hier das mühsam demokratische Regieren der schwarz-gelben Wunschkoalition in Deutschland ansehe, das ohnehin zur Lobbykratie verkomme, könne man diesen Wohlstands- und Wohlfahrtsstaat vergessen.
Nun halte ich die Demokratie immer noch für das beste aller Herrschaftsysteme, gerade wenn sie nicht wie ein Wirtschaftsbetrieb funktioniert. Immerhin kann sie es sich noch leisten, Menschenrechte einzufordern, obwohl sie Verstöße dagegen aus wirtschaftlichen Gründen häufig genug toleriert, vor allem auch beim Handel mit China..
Wer, wie Deutschland mit Waffen handelt, liefert die auch in so genannte Krisengebiete. Und die Herrscher jener Gebiete verteidigen mit Waffen made in Germany unter Missachtung diverser Menschenrechten ihre nicht-demokratischen Machtansprüche.
Wirtschaftliches Wachstum geht offenbar überall vor – natürlich auch wenn – wie in China - sozialistisch ideologische Werte dagegen stehen.
Da in Deutschland eine übermächtige Wirtschaftslobby immer größeren Einfluss im politischen Machtgefüge gewinnt, bestimmen auch immer mehr wirtschaftliche Grundsätze das politische Handeln. Wachstumsideologie, Privatisierung, Übernahme betriebswirtschaftlichen Denkens in öffentlichen Verwaltungen, Bürger als Kunden (und nicht mehr als Teile des Souveräns Volk), um nur einige Stichwortezu diesen so genannten Umdenkungsprozessen sowie Umstrukturierungen und deren Folgen zu nennen. Nicht von ungefähr sind Juristen als leitende Mitarbeiter in öffentlichen Verwaltungen auf dem Rückzug und Betriebswirtschaftler auf dem Vormarsch.
Offenbar führen die Mechanismen wirtschaftskapitalistischen Denkens und Handelns sowohl in den europäischen und nordamerikanischen Demokratien als auch in sozialistischen Volksrepubliken chinesischer Machtart dazu, dass beide immer mehr zu staatlich geführten Wirtschaftsunternehmen verkommen. Und die Mehrheit der Menschen des jeweiligen Staatsvolkes dienen (wie in allen Unternehmen) nur noch als Mittel zur Anhäufung der Gewinne weniger Reicher in den Vorstandsetagen.
Wenn deutsche Chinareisende nach ihrer Rückkehr staunend von den wirtschaftlichen Erfolgen jener volksrepublikanischen Machthaber berichten, wird das dieser Entwicklung in Europa kaum Einhalt gebieten.
Hauptsache, die Wirtschaft boomt. Auf das bisschen Demokratie kann Otto-Normal-Bürger offenbar gut und gern immer ein bisschen mehr verzichten.


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ArnoAbendschoen
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1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 30.07.2010 um 15:54 Uhr

Mit der Tendenz des Artikels durchaus einverstanden. Allerdings enthät er in meinen Augen eine Unschärfe: Das heutige China ist keineswegs sozialistisch im herkömmlichen Sinn, sondern vielmehr im Weserntlichen neokonfuzianisch. Die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung dort resultiert aus der Verbindung westlichen Know-kows mit seit Jahrtausenden bewährten und eingeübten Prinzipien konfuzianischen Denken und Handelns. Die KP hat nur das äußere Gewand einer allein herrschenden Staatspartei kommunistischen Stils beibehalten. Ihrem Aufbau und ihrer Funktion nach entspricht sie jedoch der tradierten Herrschaft der Mandarine. Die Funktionäre sind keine auf der Grundlage des Marxismus - wie wäre sonst die gigantische Entwicklung von Privateigentum an den Produktionsmitteln denkbar! -, sie entsprechen der von jeher undemokratischen Herrschaft einer Beamtenelite. Nur dass an die Stelle des Prinzips Kaisertum jetzt der absolute Machtanspruch der Partei getreten ist.

In China hat nach Maos Tod ein prinzipieller Wandel stattgefunden, ohne den der Aufstieg des Landes nicht möglich gewesen wäre. Über diesen grundlegenden Sachverhalt sollte man sich klar werden, bevor man über Chinas Rolle in der gegenwärtigen und zukünftigen Welt nachdenkt.

Arno Abendschön

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1943Karl
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2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 22.08.2010 um 14:14 Uhr

Lieber Arno,
danke, durch deinen Beitrag habe ich wieder etwas dazugelernt. Und natürlich ist ein Land mit einer derart alten Kultur nie ohne seine Geschichte zu verstehen. So war das stalinistische und spätere Russland nie ohne seine mächtigen Stammesführer verständlich.... Allerdings sehe ich den Sozialismus durchaus auch als ein Folge früherer Herrschaftssysteme..
Herzlichen Grüße
Karl


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ArnoAbendschoen
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3. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 22.08.2010 um 14:44 Uhr

Lieber Karl,

grundsätzlich einverstanden. Ohne Zweifel verhält es sich im Fall Russland gerade so, wie von dir beschrieben. Im Fall China allerdings nur sehr eingeschränkt. Die Mao-Zeit (1949 - 1976) bildet einen auffallenden Fremdkörper in der chinesischen Geschichte. Sie knüpft außer an den Marxismus-Leninismus vor allem an historische chinesische Bauernaufstände an. Als Herrschaftspraxis steht sie isoliert da. Daher ihre heftige Abneigung gegen die überkommene Kultur (Kulturrevolution).

Bekannt ist vielleicht jene Anekdote über Helmut Schmidt, der bei einem Besuch in Peking Deng vorhielt, seine Politik sei nicht mehr marxistisch, sondern konfuzianisch, worauf Deng nur lächelnd entgegnete: "So what!"

Arno Abendschön

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