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Treue

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Autor
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Thema: Treue
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Kenon
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    1512 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001

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| 20. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 15.12.2005 um 17:16 Uhr |
Ein Bonmot zu "Geschlechtsgemeinschaft" und Ehe - von Kant:
Zitat:
Geschlechtsgemeinschaft ( commercium sexuale ) ist der wechselseitige Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht ( usus membrorum et facultatum sexualium alterius ), und entweder ein natürlicher (wodurch seines Gleichen erzeugt werden kann), oder unnatürlicher Gebrauch und dieser entweder an einer Person ebendesselben Geschlechts, oder einem Thiere von einer anderen als der Menschen=gattung; Welche Übertretungen der Gesetze, unnatürliche Laster ( crimina carnis contra naturam ), die auch unnennbar heißen, als Läsion der Menschheit in unserer eigenen Person durch gar keine Einschränkungen und Ausnahmen wider die gänzliche Verwerfung gerettet werden können.
[...]
Die letztere ist die Ehe ( matrimonium ), d. i. die verbindung zweier Personen verschiedenen Geschlechts zum lebenswierigen wechselseitigen Besitz ihrer Geschlechtseigenschaften. - Der Zweck, Kinder zu erzeugen und zu erziehen, mag immer ein Zweck der Natur sein, zu welchem sie die Neigung der Geschlechter gegeneinander einpflanzte; aber daß der Mensch, der sich verehlicht, diesen Zweck sich vorsetzen müsse, wird zur Rechtmäßigkeit dieser seiner Verbindung nicht erfordert; denn sonst würde, wenn das Kinderzeugen aufhört, die Ehe sich zugleich von selbst auflösen.
Aus: Kant - Metaphysik der Sitten, Rechtslehre §§ 24
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Jasmin
Mitglied
  406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004

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| 21. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 15.12.2005 um 23:29 Uhr |
Zitat:
Geschlechtsgemeinschaft (commercium sexuale ) ist der wechselseitige Gebrauch, den ein Mensch von eines anderen Geschlechtsorganen und Vermögen macht...
Also dreht sich laut Kant in der Mann-Frau-Beziehung alles nur um die geschlechtliche Betätigung und das Haushaltungsgeld. Ist man finanziell unabhängig und die geschlechtliche Anziehung erloschen, dann hat die Partnerschaft keinen Sinn mehr (?).
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Kenon
Mitglied
    1512 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001

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| 22. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 00:08 Uhr |
Kant sagt, dass die wechselseitige geschlechtliche Betägigung "zur Rechtmäßigkeit dieser [...] Verbindung nicht erfordert" wird, die Ehe (= diese Verbindung) aber ihre nach den "Rechtsgesetzen der reinen Vernunft" notwendige Vorbedingung ist. Den Begriff "Vermögen" habe ich selbst universaler aufgefasst, als dass es nur um Haushaltsgeld ginge, aber vielleicht liege ich damit falsch.
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Jasmin
Mitglied
  406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004

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| 23. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 20:05 Uhr |
Zitat:
Kant sagt, dass die wechselseitige geschlechtliche Betägigung "zur Rechtmäßigkeit dieser [...] Verbindung nicht erfordert" wird, die Ehe (= diese Verbindung) aber ihre nach den "Rechtsgesetzen der reinen Vernunft" notwendige Vorbedingung ist.
Warum ist die Ehe laut Kant Vorbedingung fuer die wechselseitige geschlechtliche Betägigung?
Zitat:
Den Begriff "Vermögen" habe ich selbst universaler aufgefasst, als dass es nur um Haushaltsgeld ginge, aber vielleicht liege ich damit falsch.
Ich hatte zuerst Geld geschrieben und dann nach Synonymen gesucht. Haushaltsgeld erschien mir in gewisser Hinsicht passend, es geht ja bei einer Ehegemeinschaft auch darum, wie die gemeinsame Existenz gesichert wird.
Wie hast Du den Begriff "Vermögen" aufgefasst?
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Kenon
Mitglied
    1512 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001

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| 24. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 20:10 Uhr |
Zitat:
Warum ist die Ehe laut Kant Vorbedingung fuer die wechselseitige geschlechtliche Betägigung?
Das steht da doch. Weil es in den bzw. zum Entwurf seines moralischen Systems passt.
Zitat:
Wie hast Du den Begriff "Vermögen" aufgefasst?
An materiellen Besitz hatte ich zuerst gar nicht gedacht, eher an "Humanvermögen" (wobei ja bei Kant das rein sexuelle Vermögen gemeint zu sein scheint - wenn man die lateinische Klammerung beachtet). Für viele Frauen hat der materielle Besitz eines Mannes natürlich absoluten Vorrang in der Betrachtung und Bewertung eines Mannes - wie konnte ich das vergessen.
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Jasmin
Mitglied
  406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004

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| 25. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 20:23 Uhr |
Zitat:
Das steht da doch. Weil es in den bzw. zum Entwurf seines moralischen Systems passt.
Es haette ja sein koennen, dass Kant das ausfuehrlicher erklaert.
Zitat:
An materiellen Besitz hatte ich zuerst gar nicht gedacht, eher an "Humanvermögen". Für viele Frauen hat der materielle Besitz eines Mannes natürlich absoluten Vorrang in der Betrachtung und Bewertung eines Mannes - wie konnte ich das vergessen.
Wobei ich mir jetzt auch nicht ganz sicher bin. Kant schreibt ja: "usus membrorum et facultatum sexualium alterius", wobei das letzte fuer das Vermoegen steht. So gut sind nun aber meine Lateinkenntnisse nicht mehr, trotz Grossen Latinums.
Ist auch fuer die Katz gewesen.
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Kenon
Mitglied
    1512 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001

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| 26. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 20:30 Uhr |
Wie nachträglich von mir hinzugefügt, geht es um das sexuelle Vermögen (facultatum sexualium).
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Jasmin
Mitglied
  406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004

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| 27. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 20:38 Uhr |
P.S.
Ich glaube, Du hast Recht, denn Kant schreibt:
Zitat:
"Denn der natürliche Gebrauch, den ein Geschlecht von den Geschlechtsorganen des anderen macht, ist ein Genuß, zu dem sich ein Teil dem anderen hingibt. In diesem Akt macht sich ein Mensch selbst zur Sache, welches dem Rechte der Menschheit an seiner eigenen Person widerstreitet. Nur unter der einzigen Bedingung ist dieses möglich, daß, indem die eine Person von der anderen, gleich als Sache, erworben wird, diese gegenseitig wiederum jene erwerbe; denn so gewinnt sie wiederum sich selbst und stellt ihre Persönlichkeit wieder her. Es ist aber der Erwerb eines Gliedmaßes am Menschen zugleich Erwerbung der ganzen Person – weil diese eine absolute Einheit ist –; folglich ist die Hingebung und Annehmung eines Geschlechts zum Genuß des andern nicht allein unter der Bedingung der Ehe zulässig, sondern auch allein unter derselben möglich. Daß aber dieses persönliche Recht es doch zugleich auf dringliche Art sei, gründet sich darauf, weil, wenn eines der Eheleute sich verlaufen, oder sich in eines andern Besitz gegeben hat, das andere es jederzeit und unweigerlich, gleich als eine Sache, in seine Gewalt zurückzubringen berechtigt ist."3
Ehe ist die verbindliche Organisation der Geschlechtsorgane. Sie ist die Auslieferung an den anderen, das Sich-selbst-zur-Sache-machen. Es gehört sich, jemandem zu gehören, alles hat auf Grundlage der gottgegebenen Ordnung, das heißt auf Basis der in Eigentumsverhältnisse übersetzten Warenbeziehungen zu funktionieren: "Der Mann erwirbt ein Weib, das Paar erwirbt Kinder und die Familie Gesinde."
Also wohl doch Humanvermoegen.
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woyzeck
Mitglied
 7 Forenbeiträge seit dem 19.01.2005

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| 28. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 23:27 Uhr |
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woyzeck
Mitglied
 7 Forenbeiträge seit dem 19.01.2005

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| 29. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 16.12.2005 um 23:28 Uhr |
. . . war nur reflux . . . verzeihung!
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